Archiv des Autors: B_B
Flucht und Vertreibung
Eröffnet wurde das Dokumentationszentrum „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ 2021 gleich beim Anhalter Bahnhof. Es ist untergebracht in einem Gebäude, das früher „Haus der Ostdeutschen Heimat“ hieß. 1974 wurde ein Flügel in „Deutschlandhaus“ umbenannt und von 2013 bis 2020 saniert.
Das Neue ist das Alte oder fast
Der Schein trügt. Auf dem Marktplatz von Hildesheim glaubt man in einem gut restaurierten mittelalterlichen Ensemble zu stehen, doch was wir sehen, sind Bauwerke aus dem Jahr 1989. Nur wenige Häuser hatten die Bombardierungen während des Zweiten Weltkrieges überstanden und es gab in Architektenkreisen starke Vorbehalte gegen eine originalgetreue Rekonstruktion. Stadtplaner forderten breite Straßen und weite Plätze, man baute in Beton und nüchternen Silhouetten. Doch es bildeten sich Bürgerinitiativen, die Respekt für das historische Erbe einforderten und schließlich 1980 die Stadtverwaltung und die Sparkasse davon überzeugen konnten, den Marktplatz als weitgehend originalgetreue Kopie wieder zum Leben zu erwecken.
Schneeglöckchen in Uebigau
Obwohl das Wetter ganz und gar nicht den Voraussagen entsprach und der Tag wegen der Nachrichtenlage auch nicht für einen Ausflug geeignet erschien, machten wir uns heute auf den Weg nach Uebigau im Elbe-Elster-Land, nicht zu verwechseln mit Übigau, einem Stadtteil von Dresden. Wir waren durch einen Zeitschriftenartikel auf den Schneeglöckchen-Park aufmerksam geworden und wollten uns das nur von Mitte Februar bis Mitte März währende Schauspiel nicht entgehen lassen. Vor Ort traf man auf Gleichgesinnte, mit denen man sich über die jeweilige Motivation austauschen konnte.
Neapolitanische Kaffeehäuser
Was treibt den Reisenden eigentlich in ganz bestimmte Lokale, um dort ein Frühstück einzunehmen, einen Apéro zu trinken, Zeitung zu lesen, eine kleine Speise zu verzehren? Es muss das besondere Fluidum sein, das man dort zu erleben hofft. Wien, Budapest, Prag gelten als Orte mit charakteristischen traditionellen Cafés, die in allgemeinen und speziellen Reiseführern als aufsuchenswert beschrieben werden. Aber auch italienische Städte bergen Kaffeehäuser, die so betrieben werden, dass der Gast sich zum Verweilen eingeladen fühlt. Schon bei unserem ersten Besuch in Neapel, 2019, auf der Rückreise von Sizilien, stand das Gran Caffè Gambrinus ganz oben auf der Prioritätenliste. Das Kaffeehaus wurde 1860 in zentraler Lage an der Piazza del Plebiscito, in der Nähe des Palazzo Reale und des Teatro San Carlo gegründet, konnte sich so rasch einer illustren Kundschaft erfreuen und wurde zum Hoflieferanten. Politiker, Musiker, Schriftsteller und sogar Sissi tranken hier Kaffee. Weiterlesen
Herculaneum
Anders als Pompeji wurde Herculaneum nicht von Lapilli und Asche, sondern von Lava und Schlamm verschüttet. 1709 wurde es wiederentdeckt und schrittweise freigelegt. Auch hier dauern die Arbeiten an und sorgen immer wieder für Überraschungen. Da wegen der besonderen Bedingungen die Hausdächer nicht eingebrochen waren, sind viele Fresken gut erhalten. Das Bildprogramm dreht sich meist um den namensgebenden Helden Herkules, der durch seine dunklere Hautfarbe jeweils gut erkennbar ist. Die Ausgrabungsstätte Ercolano Scavi ist bequem mit der Bahn (Linea Circumvesuviana) zu erreichen; ein kurzer Spaziergang durch das pulsierende Städtchen führt zum Gelände. Hier ein paar Eindrücke:
So fern, so nah
Pompeji empfängt in seinem dritten Leben, das 1748 beginnt, einen ständig wachsenden Strom von Besuchern. Waren es, als die ersten Ausgrabungen bekannt wurden, zunächst Bildungsreisende auf Grand Tour, so sind es vor der Pandemie vier Millionen Touristen pro Jahr gewesen. In seinem ersten Leben war Pompeji eine pulsierende Handelsstadt mit zwei Häfen, seit ca. 700 v. Chr. besiedelt, zunächst von den italischen Oskern, dann von Etruskern und Griechen. Besonders die samnitische Eroberung im 5. Jahrhundert hat in der Architektur und Dekoration Spuren hinterlassen. Erst im 3. Jh. vor Chr. kamen die Römer nach Kampanien, 80 v. Chr. wurde die Stadt zur römischen Kolonie. Als solche war ihr eine Existenz von knapp 160 Jahren vergönnt. Dann ereignete sich die Katastrophe.
Mangiamo!
Eines der größten Vergnügen des Reisenden kann es sein, in fremden Ländern essen zu gehen, zumal in Italien. Man sollte sich nicht unbedingt auf TripAdvisor verlassen, der gern Schnellimbisse und Eisdielen auf seiner Hitliste anführt, eben das, was die jungen Fans der Bewertungsszene gut finden. Wir verlassen uns teils auf das Bauchgefühl (!), nur selten auf Reiseführer, wenn es geht, auf die Empfehlung verlässlicher Freunde.
Salernos beste Zeit: Das Mittelalter
„Ein ritter sô gelêret was, daz er an den buochen las …“. So beginnt das kurze Versepos des Hartmann von Aue, das er noch vor Ende des 12. Jahrhunderts verfasst hat: Der arme Heinrich. Interessant, dass Lesekompetenz offenbar nicht unbedingt Teil des ritterlichen Tugendkatalogs war. Die kleine legendenhafte Dichtung schildert das Schicksal eines wohl süddeutschen Ritters, der an Aussatz, also Lepra, erkrankt und nur durch das Blut einer sich freiwillig opfernden Jungfrau geheilt werden kann. Die findet er, sie ziehen zur medizinischen Hochschule in Salerno, wo ein Arzt das Opfer vollziehen soll…
Guter Wind und lange Bärte?
Mit dem Regionalzug fahren wir von Caserta nach Benevento, wo von den Bergen des Sannio herab der namensgebende gute Wind seine Bewohner erfrischt. So ist man geneigt, den eigenen Wahrnehmungen Sinn zu verleihen, doch halt! Es hat sich wieder einmal ein falscher Freund aufgedrängt, denn Beneventum bedeutet „gutes Ereignis“ und ersetzte bei der Gründung der römischen Kolonie das vorher gebräuchliche Maleventum. (Geschichtsinteressierte können die Hintergründe der Namensgebung bei Wikipedia nachlesen). Die Stadt war durch die Via Appia direkt mit Rom verbunden und entwickelte sich so zu einem bedeutenden Handelsplatz. Vom Bahnhof kommend, folgen wir dem schnurgerade verlaufenden Viale Principe di Napoli, überqueren den Fluss Calore und sind schon im Centro Storico, direkt am Domplatz.