Das schöne Camogli war uns von Guido aus B.’s Italienischkurs wegen seiner „Hochhäuser“ empfohlen worden. Wir wurden nicht enttäuscht und es fand sich sogar noch ein Bezug zu Düsseldorf, der mit einer ganz besonderen kulinarischen Tradition zu tun hat. Wir nahmen den Zug von Rapallo und waren nach kurzem Halt in Santa Margherita Ligure in wenigen Minuten da, d.h. in der Oberstadt, durch deren imposante Via XX -Settembre wir an diesem Samstagmorgen gemütlich zum Hafen hinababschlenderten.
Die Straße wird durch außergewöhnlich hohe Häuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert gesäumt, die in leuchtenden Farben gestrichen sind. Sie sind schmal, haben 5 oder 6 Stockwerke, meist schöne Fensterläden; die Simse und Stuckelemente sind allerdings bei näherem Hinsehen „nur“ aufgemalt, in meisterhaftem Trompe-l’oeil. Vom kleinen Hafenbecken aus sieht man Ober- und Unterstadt und geht man ein paar Schritte bis zur Chiesa Santa Maria Assunta, umfasst der Blick eine weite Bucht mit grauem Kiesstrand. Obwohl zunächst bewölkt, war es warm genug, um zu baden – zumindest für einige Wagemutige. Wir nahmen den Morgen-Capuccino mit Blick auf die Kirche und konnten die zahlreichen Gäste betrachten, die in festlicher Kleidung zu einer Hochzeit strömten. Die Braut fuhr dann mit ihrem Vater in einem weißen VW-Käfer vor und wurde von den Umstehenden ordentlich beklatscht. Die beiden Herren am Nebentisch, die in ihren dunkelblauen Anzügen unter all den in Freizeitkleidung Gewandeten abstachen, mahnten den Kellner zur Eile. „Wir müssen zur Hochzeit!“ Schnell den Espresso heruntergestürzt und dann los! Die Glocken läuteten schon. Ob die zahlreichen Liebenden, die am Hafen ihre Spuren hinterlassen haben (wie originell: mal keine Vorhangschlösser!), es auch bis zum Traualtar geschafft haben?
Der Reiseführer „Ligurien“ von Sabine Becht und Sven Talaron, der uns auf der Reise gute Dienste geleistet hat, weiß zu berichten: „Schon im späten Mittelalter war Camogli eine bedeutende Seemacht, die sich mit einer eigenen Flotte jahrhundertelang am Mittelmeerhandel beteiligte und auch Entdeckungsfahrten bis in den Nordatlantik unternahm. Zwar wurde die Flotte von der britischen Marine unter Lord Nelson fast vollständig vernichtet, doch sorgten die zahlreichen Reedereien des Ortes weiterhin für Wohlstand.“ Damit ist es lange vorbei; für den Wohlstand müssen jetzt die Touristen sorgen.
Seit 1952 findet jeden zweiten Sonntag im Mai zu Ehren von San Fortunato, dem Schutzpatron der Fischer, ein großes Fest statt. In der mit 4m Durchmesser größten Bratpfanne der Welt werden über drei Tonnen Fisch und Meeresfrüchte frittiert und gratis verteilt, ca. 30 000 Portionen. Andere Städte in Europa haben die Idee des Fischfestes übernommen, wenn auch in kleinerem Maßstab und gewiss nicht kostenfrei. Auf der Informationstafel am Ende der Strandpromenade wurde auch Düsseldorf aufgeführt, vielleicht weil es von Fortunato zu Fortuna kein großer Schritt ist?
Wir versuchten in einem einfachen Lokal direkt am Strand (die Terrasse mit der Markise ist auf dem Foto oben hinter dem Gebäude von „Bagni Lido“ zu sehen) ein Fritto Misto del Golfo. Köstlich!