Ein Europäer aus Łόdż

Quelle: Wikipedia

„Ich lag im Krankenzimmer, und die Schwestern brachten mir Bücher, von Lermontow zum Beispiel. Ein Jahr lang lernte ich an Lermontow und Puschkin die kyrillische Schrift und die russische Sprache. Die Wachmänner baten mich anschließend, für sie Liebesbriefe zu verfassen, weil ich wie Puschkin schrieb.“         Karl Dedecius

Gerade  in Zeiten eines zunehmenden  Autoritarismus in Europa muss an einen großen Literaturvermittler, Brückenbauer, Büchermacher, Kulturfunktionär und gebildeten literarischen Übersetzer erinnert werden:  Karl  Dedecius. Dass 2016 die Nachricht seines Todes  im 95. Lebensjahr selbst bei Kulturjournalisten nicht gebührend kommentiert wurde, will allerdings fast stimmig erscheinen.  Denn der unermüdlich Arbeitende wurzelte in Verhältnissen, in denen ständige Selbstvermarktung und mediale Präsenz nicht oberstes Gebot waren. 

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Von der Textilmetropole zur Filmstadt

Denkmal für Izrael Poznański, Karl Wilhelm Scheibler und Ludwik Grohmann

In  einer Fabrik, Ende des 19.Jahrhunderts: Der Angestellte Horn will einer mittellosen Witwe helfen, die ihren Mann bei einem Betriebsunfall verloren hat.  Der Direktor kanzelt ihn deswegen ab. Horn entgegnet,  er sei keine Maschine, sondern ein Mensch. „Zuhause, aber in der Fabrik ist Ihre Menschlichkeit nicht erforderlich.“ Die Szene stammt aus dem Film „Gelobtes Land“ von Andrzej Wajda, dem 2016 verstorbenen polnischen Regisseur. Schauplatz des Geschehens ist die florierende Industriestadt Łódź, ein Ort, an dem, wie der Film eindrucksvoll zeigt, Polen, Deutsche und Juden zusammenleben, ein Ort für Glückssucher und Spekulanten, aber auch ein Ort schroffer Klassengegensätze zwischen wohlhabenden Industriellen und ausgebeuteten Arbeitern.

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Slow Travel

Milk float (Quelle: Wikipedia)

Dan Kieran hat Flugangst. Als er gebeten wird, bei der Hochzeit seines besten Freundes, die in Polen stattfindet, Trauzeuge zu sein, akzeptiert er und fährt mit dem Zug, von London mit dem Eurostar nach Paris, dann mit dem Nachtzug nach Berlin, weiter nach Warschau. Die Reise wird so etwas wie ein Wendepunkt in seinem Berufsleben als Journalist und Schriftsteller, denn er hat ein neues Thema entdeckt: Slow Travel, langsames Reisen.

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