Auf den Spuren Kafkas in Prag

„Prag lässt nicht los. Dieses Mütterchen hat Krallen“, schrieb Franz Kafka als 19-Jähriger. Sehr oft hat er in seinem kurzen Leben (1883-1924) die Heimatstadt nicht verlassen. Er begab sich auf Dienst- und Bildungsreisen, suchte wegen seiner Lungentuberkulose mehrfach Sanatorien auf und hielt es immerhin ein halbes Jahr in Berlin aus.

Obwohl es vermessen klingt, könnten wir uns seiner Aussage anschließen. Natürlich waren wir schon in Prag, 1971 zum Jahreswechsel, und dann wieder in einer gewandelten Atmosphäre 2002. Abermals sind einige Jahre verstrichen, die Uniformierung des europäischen Lebensstils, die sich in den Einkaufspassagen und Essgewohnheiten abbildet, ist weiter vorangeschritten, aber davon bleiben die Prachtbauten der Jahrhundertwende, der Reichtum des jüdischen Erbes, die Reminiszenzen an Künstler und Schriftsteller unberührt. Folgen wir also Kafkas Spuren und sehen, was aus seiner Lebenswelt heute noch auffindbar ist. Weiterlesen

Immer schneller

  Der Blitzzug

Quer durch Europa von Westen nach Osten rüttert und rattert die Bahnmelodie.

(Detlev von Liliencron, 1903)

Die Fahrgeräusche der Blitzzüge unserer Zeit sind erstaunlich gedämpft, das Tempo der Sprinter von Berlin nach München erreicht gelegentlich 300 km/Std.! Kaum haben wir Berlin verlassen, sind wir in Halle, im Nu in Erfurt und eine Stunde später stehen wir, nachdem uns der ICE ausgespuckt hat, in der Lorenzkirche in Nürnberg. Entschleunigt wurde unsere Fahrt nur durch eine Umleitung wegen eines „Notfalleinsatzes am Gleis“, ein Euphemismus für „Suizid“; einmal war der „Zugchef“ zu Klartext aufgelegt und verstörte die Fahrgäste mit der Durchsage „Leichenfund auf der Strecke“. Weiterlesen

Zur Kunst nach Koblenz

In Deutschland gibt es ein Lügenmuseum (Radebeul), ein Bratwurstmuseum (Holzhausen), ein Nummernschildmuseum (Großolbersdorf) und weitere skurrile Ausstellungsorte sonder Zahl. Was es nicht gibt, ist ein Museum, das deutschen Künstlern gewidmet ist, die 1933-45 vor dem Nazi-Regime ins Exil flohen oder verfolgt und ermordet wurden. Das ist wahrlich kein Ruhmesblatt für die hiesige Museumslandschaft.

Aber es gibt eine Sammlung von mehr als 750 Bildwerken teils namhafter, teils heute weitgehend vergessener Maler und Malerinnen, in Jahrzehnten engagierter Sammelfreude zusammengetragen von Thomas B. Schumann, einem langjährigen Freund. Während dieser händeringend nach einer Stadt sucht, die bereit wäre, ein derartiges Museum einzurichten, verleiht er seine Bilder für Ausstellungen in großen und kleinen Städten. Von Mitte Juni bis Ende September zeigt das Mittelrheinische Museum in Koblenz eine repräsentative Auswahl. Grund genug hinzufahren.

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