Tücher mit Bedeutung

Das Zittauer Fastentuch hat eine lange und wechselvolle Geschichte. 1472 wurde es von einem unbekannten Meister (eine Meisterin wäre in diesem Falle extrem unwahrscheinlich) und vermutlich auch einigen Helfern geschaffen. Gestiftet, d.h. finanziert hat es ein Gewürz- und Getreidehändler. Die 6,80 m breite und 8,20m hohe Leinwand ist eine illustrierte Bibel: Sie erzählt in 90 Bildern die biblische Geschichte von der Erschaffung der Welt bis zum Jüngsten Gericht. In Deutschland ist es das einzige seiner Art. In der Fastenzeit, also von Aschermittwoch bis Ostersonntag, dienten solche Tücher zur Verhüllung des Altars, in diesem Falle zum Abschluss des gesamten Altarraumes. So sollten die Gläubigen nicht nur körperlich auf etwas verzichten, sondern sozusagen auch visuell hungern und der gesamten Liturgie nur hörend folgen. Im Volksmund hießen solche Tücher manchmal auch „Schmachtlappen“.

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Abschied von Turin

Den Geist, das Fluidum einer Stadt verspüren zu wollen, wenn man nur kurz dort weilt, ist müßig. Nach Turin waren wir gekommen mit der Erwartung, dass die Piemontesen anders seien als die Süditaliener, insbesondere die Neapolitaner: ruhiger, gemessener, vornehmer, distanzierter, selbstbewusster. Ein Klischee, gewiss, aber alle Klischees bündeln Erfahrungen. Klischees verfestigen positive wie negative Urteile zu einem Gesamtbild, das in Reiseführern die Erwartung der Stadtbesucher zunächst bestimmt.

Als wir in Turin waren, im Vorfrühling, hatten nicht übermäßig viele Besucher die Stadt aufgesucht

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Die Alpen sehen

Turin mit Wolfsburg zu vergleichen, erscheint wie eine Majestätsbeleidigung. Und doch haben beide Städte gemeinsam, dass sie über Jahrzehnte vornehmlich als Produktionsstätten von Automobilen wahrgenommen wurden. 1899 gründeten „acht passionierte Automobilisten“, wie es im Reiseführer heißt, die Fabrica Italiana Automobile Torino, kurz FIAT. Zu den ersten Investoren gehörte der Sohn eines Großgrundbesitzers aus einem nahegelegenen Dorf : Giovanni Agnelli. Schon ein Jahr später übernahm er die Geschäfte, wurde Konstrukteur, Rennfahrer, Marketing- und Finanzstratege.

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Mercato Centrale

Es soll sich um einen der größten Lebensmittelmärkte Europas handeln. Unweit des ehemaligen Stadttores, nach dem er auch Mercato di Porta Palazzo genannt wird, findet an allen Werktagen ein quirliger Bauernmarkt statt, wo an der frischen Luft vor allem Obst und Gemüse angeboten werden. In den Markthallen finden sich Bäcker, Fischhändler und Metzger. Gegenüber der alten schmiedeeisernen Markthalle wurde 2019 eine zweite Halle gebaut, die an zahlreichen Ständen ein gastronomisches Angebot bereithält. Die Produkte sind mehr oder weniger dem Slow-Food-Prinzip verpflichtet: regional, saisonal, traditionell. Unter der Restaurantebene befinden sich ehemalige Eiskeller aus dem 18. Jahrhundert, gigantische Iglus aus Stein, die begehbar gemacht wurden und in der Zeit, als wir in Turin waren, eine Ausstellung über Carlo Levi präsentierten.

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