Wo der Stahl gehärtet wird

„Und ab 1975 hatten wir hier Kabelfernsehen“, sagt Herr Harz, der Wert darauf legt, dass er sich nicht mit „tz“ schreibt, „ARD, ZDF, NDR 3, DDR1 und 2“. Er führt uns durch die Wohnsiedlung 1, erbaut für die Stahlarbeiter einer Stadt, die noch gar keinen Namen hatte. Unter dem Motto „Stahl, Brot, Frieden“ als sozialistische Planstadt errichtet, war sie ab 1953 Stalinstadt – für acht Jahre. Weitere Siedlungen entstanden, zunächst mit Zweiraumwohnungen von 45 qm. Die Gebäudekomplexe haben schlichte Fassaden, vermitteln aber durch vor- und zurückgesetzte Teilabschnitte nicht den Blockcharakter der späteren Plattenbauweise. Hochwertiges Material wurde verarbeitet: Haustüren und Einfahrten sind mit rotem Sandstein umrandet, Dächer mit Schieferplatten gedeckt, Fassadenbilder aus Meißner Porzellan gefertigt. In den Wohnsiedlungen 2 und 3 wird – fern jeglicher Bauhausästhetik – der Wille zum Ornament deutlicher: verschnörkelte Balkongitter, Stuckrosetten, Veranden im Fachwerkstil und  Reliefs mit figürlichen Darstellungen verschönern Fassaden. Die handwerklich meisterhafte Ausführung dieser „Kunst am Bau“ betont Herr Harz nicht ohne Stolz.

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