Ein Land voll Geschichte

„Kalter scharfer Wind empfing mich auf der Höhe. Dicht in den Mantel gehüllt, sah ich ein schönes und eindringliches Bild: über altes Gemäuer hinweg ringsum die umbrische Landschaft, licht und grün, von einem gewaltigen Kreis hoher, noch mit Schnee bedeckter Berge eingeschlossen. Jeder Blick streift nah oder fern irgendeine alte berühmte heilige Stätte, da liegen Spoleto, Perugia, Assisi, Foligno, Spello, Terni, dazwischen hundert kleinere Orte, Dörfer, Kirchen, Höfe, Klöster, Burgen und Landhäuser, ein Land voll Geschichte, voll römischer und noch vorrömischer Denkmäler, durchflossen vom kleinen Fluss Clitumnus.“ (Hermann Hesse in Montefalco, 1907)

Das Städtchen Montefalco hieß zunächst Coccorone, wurde Mitte des 13. Jahrhunderts zu Ehren von Friedrich II., der oft zur Falkenjagd vorbeikam, in „Falkenberg“ umbenannt. Das alte Stadttor zeigt das Falkensymbol, das sich auch im Stadtwappen findet.

Bevagna ist Mitglied in der Vereinigung I borghi più belli d’Italia (Die schönsten Orte Italiens), hat Reste eines römischen Tempels und eines Theaters aufzuweisen, bezaubert aber vor allem durch die romanischen Bauwerke rund um die Piazza Silvestri. Dort findet sich auch die kleine Kirche San Silvestro aus dem Jahre 1195.

Palazzo dei Consoli und San Silvestro

„Elf erneuerte Stufen führen ins erhöhte zweijochige Presbyterium über der Krypta“, heißt es in Dumonts Reiseführer.

Auch das war Bevagna: interessante Pflanzen. Eine Mahonie? Von einer Sukkulente haben wir einen Ableger stibitzt; die Pflanze fühlt sich bei uns im Kübel sehr wohl.

Um zum Kloster San Pietro in Valle zu gelangen, muss man furchtlos einem engen Sträßchen folgen, das sich bergan windet. Gegenverkehr wäre fatal. Zum Glück herrscht gerade Mittagsruhe, deshalb ist auch die Kirche verschlossen.

Die Abtei wurde im 8. Jahrhundert erbaut, später von den Sarazenen weitgehend zerstört, im 11. Jahrhundert wiederaufgebaut, war ab 1890 in Privatbesitz. 1917 schenkte die letzte Nachfahrin der Familie die Kirche dem Pfarrer von Ferentillo, während das Kloster verkauft wurde.

So ist es gekommen, dass das Kloster heute ein Luxushotel beherbergt, während die Kirche für die Allgemeinheit zugänglich geblieben ist.

Bis zur Öffnung bleibt Zeit für einen kleinen Spaziergang. Eine Zauneidechse? Inzwischen haben sich noch ein paar Kunstfreunde eingefunden und um 14.30 Uhr wird aufgeschlossen.

Das Warten hat sich gelohnt; einmalige Fresken aus dem 12. Jahrhundert sind zu bestaunen. Im mittleren Bereich: Noahs Sendungsauftrag und Bau der Arche.

Orvieto liegt auf einem Felsplateau aus Tuffgestein; von weither sichtbar thront der Dom (Cattedrale di Santa Maria Assunta) in der Mitte der Altstadt.

In dessen Capella di San Brizio befindet sich der großartige Freskenzyklus Die Geschichte des Antichristen – das Ende der Welt, den Luca Signorelli 1499-1503 gemalt hat.

Hier La resurrezione della carne / Die Auferstehung des Fleisches. Posaune blasende Engel lassen die Skelette aus den Gräbern steigen und zu lebenden Körpern werden. Dass die Künstler der Renaissance im Rückgriff auf die Antike nackte Menschen darstellten, war für die Zeitgenossen gewöhnungsbedürftig – erst recht in einer Kirche.

In Spoleto müssen auf dem Weg in die Oberstadt ein paar Höhenmeter absolviert werden.

Guckt er treuherzig oder verblüfft? Auf jeden Fall ist der frühmittelalterliche Flügelstier im Museo Nazionale del Ducato das Attribut des Evangelisten Lukas.

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