Zu Besuch bei Freunden in Lunow. Erst einmal K.‘s wunderbaren Garten besichtigen; hier gibt es 78 Tomatensorten zu bestaunen und zu verkosten. Besonders aromatisch ist die helle Snowball; sehr hübsch anzusehen die gelbe Citrina, einer der Lieblinge der Gärtnerin ist Ochsenherz Findling. Allerdings hat sie in diesem Jahr einige Verluste durch die Braunfäule hinnehmen müssen. Insekten aller Art fühlen sich in diesem Garten wohl, auch Eidechsen und sonstiges Getier.
Nach einem Imbiss mit selbstgebackenem Brot und Brombeermarmelade geht es nach Hohensaaten, wo wir im Wald die Reste einer Sprengstoff- und Munitionsfabrik vorfinden. Es war eine Tochtergesellschaft der Dynamit AG, die hier während des Nazi-Regimes in größter Heimlichkeit produzierte. Zur Tarnung wurde ein abgelegener Standort gewählt und die Werkhallen waren unterirdisch, schnell mit Gras und Moos überwachsen und aus der Luft nicht erkennbar. Die Sowjets sprengten die Anlage. Interessenten finden unter „Verwertchemie“ mehr im Netz. Das Gelände wurde später auch von der DDR genutzt. Einige Gebäude, in denen Altöl aufbereitet wurde, stehen noch. Wir stören in einer Halle eine kleine Eule auf, die irritiert herumflattert und uns beäugt. Kaum sind wir wieder draußen, stiebt ein Rudel Rehe davon.
Zum Abendessen fahren wir nach Polen hinüber. Bei Kristina gibt es placek po węgiersku (Karoffelpuffer mit Gulasch) und frischen Fisch. M. nimmt Felchen. Er ruht sich gerade von einer Tournee aus, der ersten seit dem Lockdown. Wie es weitergeht, weiß er noch nicht. Die Veranstalter dürfen nur jeden dritten Platz besetzen und können so nichts oder fast nichts verdienen. Wie passt das mit vollgepferchten Bussen im Schienenersatzverkehr zusammen und mit dem Laissez-faire im Umgang mit Maskenverweigerern in den Regionalzügen?
Am nächsten Morgen ein Spaziergang nach Stolzenhagen. Hier betreibt das Ehepaar Hradetzky eine Demeter-Milchwirtschaft mit Käserei. Im Hofladen gibt es die gut gekühlten Produkte zu kaufen; wir nehmen Quark und Brie und legen das Geld in die Kasse des Vertrauens. Anja Hradetzky, vom Deutschlandfunk „die Kuhflüsterin aus Brandenburg“ genannt, hat auch ein Buch geschrieben und betreibt unter „stolzekuh“ eine Website. Einige Schritte weiter, in der ehemaligen LPG, residiert der Verein Ponderosa, der Tanzworkshops anbietet und Festivals organisiert. Er erhielt 2001 den Barnimer Kulturpreis.
Dunkle Wolken ziehen auf; ein Gewitter ist im Anzug. Wir müssen nach Hause. Schade!