Wer auf dem Nibelungensteig wandert und, von Amorbach kommend, nach Miltenberg gelangt, wird sich nach der Waldeseinsamkeit nicht nur über die Touristengruppen wundern, die sich durch die Fachwerkstadt schieben, sondern auch sehr bald auf eine Vielzahl von Stolpersteinen aufmerksam werden, die Gunter Demnig hier verlegt hat. Es sind inzwischen 45, mehr sind geplant.
Schon kurze Zeit nach der ersten urkundlichen Erwähnung der Stadt (1237) ließen sich Juden in Miltenberg nieder, betrieben Geschäfte und bauten ihre erste Synagoge. Ihre wechselvolle Geschichte ist, wie so oft, von Pogromen und Vertreibungen überschattet. Erst im 18. Jahrhundert setzte ein langsamer Prozess der Emanzipation ein; die bürgerliche und gewerbliche Gleichstellung erfolgte jedoch erst 1861.
Das Unheil, das die Nationalsozialisten anrichteten, sei an einem Beispiel illustriert. Josef und Berta Mannheimer besaßen ein florierendes Modewarengeschäft in der Hauptstraße. Als ihr Mann 1926 starb, führte Berta Mannheimer das Unternehmen allein weiter. Nach dem Novemberpogrom 1938 nahm man sie zwei Tage lang in „Schutzhaft“; es folgten zahlreiche Schikanen. Ihr Plan auszuwandern wurde durch den Kriegsbeginn vereitelt. Zermürbt zog Frau Mannheimer schließlich in das jüdische Altersheim nach Würzburg. Von dort wurde die inzwischen 67-Jährige am 10. September 1942 zu einem Sammelplatz gebracht und mit 176 weiteren fränkischen Juden nach Theresienstadt abtransportiert. Dort starb sie.
Spuren jüdischen Lebens finden sich praktisch nur noch im Museum der Stadt: ein Thoraschrein, Purimteller, eine Mesusa, ein hölzerner Omer-Kalender. Im Stadtbild ist nichts mehr zu erkennen; Umbauten (ehemalige Synagoge) und Häuser in Privatbesitz (ehemalige Mikwe) blieben ohne Gedenktafeln. Umso überraschter waren wir, dass der alte Jüdische Friedhof noch erhalten ist.
Dass es einst in dem kleinen Städtchen ein reges jüdisches Leben gegeben haben muss, wollten wir auch an dem Wirtshausschild des imposanten Hotels zum Riesen ablesen, das, so scheint es zumindest, dem emblematischen Riesen einen Davidstern hinzugefügt hat. Doch das stellte sich als Irrtum heraus, denn es handelt sich um den im Süddeutschen gebräuchlichen Brauer- oder auch Zoiglstern, der das Recht des Bierbrauens für alle sichtbar dokumentierte und sich zuweilen auch an Hauswänden findet.
Gut, dass es wenigstens das Projekt der Stolpersteine gibt.Einer Stadt mit einer so langen und reichen jüdischen Geschichte wäre eigentlich eine deutlichere Würdigung dieser Tradition im Ort angemessen.
Schöner Bericht, aber es gibt doch noch einiges aus der jüdischen Kultur zu entdecken- halt nicht so beim „durchrennen“. So die: erste Synagoge hinter der ehemaligen Kaltlochbrauerei, die dazugehörige Mikwe in der Löwengasse, einen zweiten jüdischen Friedhof oberhalb der Monbrunner Siedlung und wie sie richtig erwähnen tolle Objekte im Museum der Stadt, z.B. den Thoraschrein- und einiges mehr.
Nicht alles also ist: „Dahin…dahin