Die Schatzkammer verbirgt sich im Gartenhäuschen. Wolfgang Wick geht voran und wir sind erst einmal sprachlos angesichts der Überfülle an Gegenständen, Büchern und Krimskrams, die sich auf Tischen und in Regalen stapeln. Drei Jahrzehnte hat der Sammler die Bestände zusammengetragen, Erzeugnisse aus der Lebenswelt der DDR.
Er habe aus Neugier angefangen, aus Interesse an der Geschichte, der privaten zumal, denn er habe ja den größeren Teil seines Lebens in der DDR zugebracht. Damit die vertrauten Gegenstände aus dieser Zeit nicht vergessen werden, bewahrt er sie auf und will sie der Öffentlichkeit zugänglich machen.
Da gibt es einen Computer von Robotron und einen Converter aus der Zeit, als die DDR ein zweites Fernsehprogamm bekam; Küchengerät wie Kaffeemaschinen, Geschirr, Stieleisbereiter. Auch eine „Gesichtssauna“ und natürlich Kleidungsstücke aller Art, zum Beispiel einen Technikeranzug für das Personal im Palast der Republik, Uniformjacken, aber auch Jeanshosen mit Namen wie Boxer, Goldfuchs, Wisent, Shanty und für die Kinder Käfer, Steppke, Candy. Alles fabrikneu und mit den originalen Preisschildern versehen. Gebrauchte Kleidung nimmt Herr Wick nicht, er ist schließlich kein Second-Hand-Laden.
Auch bei Lebensmittelverpackungen, also Dosen, Schachteln, Papiertüten, müssen die Hersteller, der Preis, wenn möglich auch das Produktionsjahr erkennbar sein. Bei kunstgewerblichen Dingen versucht er zu ermitteln, wer sie hergestellt hat und auch, wer die Designer waren.
Für die Besucher hat der Sammler etwas Besonderes zurechtgelegt: 1985 wurden von der DDR-Notenbank Scheine im Wert von 200 und 500 DDR-Mark gedruckt, aber nicht in Umlauf gebracht. Außerdem eine Geldkarte für Geldautomaten. Eingeführt wurde sie am 7. Juli 1987 in Bezirksstädten, zuerst kam Leipzig dran, wohl, um bei den Messegästen aus dem Westen Eindruck zu schinden. Er hat die Karte auf einem Trödelmarkt erworben, wo die Familie des Inhabers sie veräußerte. Schon damals konnte man Passfotos einscannen. Interessant sind auch Lebensmittelkarten, die 1974 gedruckt wurden. Sie waren für den Einsatz im Verteidigungsfall vorgesehen. Man hat damals wohl stärker als heute einen Krieg für möglich gehalten. Zum Einsatz kamen die Karten nie.
Historischen Anschauungsunterricht erhält man auch, wenn man die beiden Schachteln mit Ohrhörern genauer betrachtet, Produktionsstätte und Preis blieben gleich, nur der Firmenname hat sich verändert. Aus Langlotz & Co. KG wurde der VEB Elektronische Bauelemente, der in Privatbesitz befindliche Betrieb wurde verstaatlicht.
Seit sechs Jahren ist Herr Wick Vorsitzender des Verein(s) zur Dokumentation der DDR-Alltagskultur e.V., der 1994 gegründet wurde. Der Verein möchte unter anderem „kollektive Ausstellungen der Mitglieder realisieren“ und hat im Dahmelandmuseum in KW die Schau „Exponate erzählen DDR-Geschichte“ mit vielen Stücken unterstützt. Im Oktober 2020 eröffnet, wurde die Ausstellung nach zwei Wochen wegen der grassierenden Pandemie geschlossen. Im Falle der Wiedereröffnung wird sie bis März 2022 zugänglich sein. Man darf daher hoffen, sie noch besuchen zu können.
In einem Artikel der „Sächsischen Zeitung“ wurde Herr Wick als ‚Trödelsammler‘ bezeichnet. Er selbst sieht sich eher als „Hobbymuseologe“, obwohl er natürlich viel auf Trödelmärkten unterwegs ist. Wann immer ihm Menschen Exponate überlassen, sei es als Geschenk oder als Leihgabe, bewahren sie ein Stück Alltagskultur vor dem Verschwinden. Interessierte finden den Verein im Netz und können so Kontakt aufnehemen. Wer nicht im Dahmeland zu Hause ist, kann entsprechende Museen in anderen Teilen der Republik besuchen, von Görlitz über Berlin bis nach Bochum.