Tre torri, Sempione, Brera

Unweit von Santa Maria delle Grazie wartet das Kontrastprogramm: ein City Life genannter  neuer Stadtteil mit markanten Hochhäusern der Stararchitekten Daniel Libeskind, Arata Isozaki und Zaha Hadid sowie den von ihnen entworfenen Wohnhäusern. Ein Einkaufszentrum darf nicht fehlen, überraschend ist aber doch der kleine Kräutergarten, in dem gerade die Apfelbäume blühen. Der weitläufige Park wie auch die Einkaufszonen sind autofrei, unterirdisch können 7000 PKW parken. Das Bauland hatte sich ergeben, als die Mailänder Messe im Vorfeld der Expo 2015 ihr Ausstellungsgelände außerhalb des Zentrums neu gestaltete.

Mailands Skyline wäre unvollständig ohne das zweite, vielleicht noch bekanntere Viertel am Bahnhof Porta Garibaldi mit der Torre Unicredit, dem mit 231 Metern höchsten Wolkenkratzer der Stadt und dem Bosco Verticale, den mit Tausenden Bäumen und Pflanzen gestalteten grünen Hochhäusern. Wir haben sie nur aus der Distanz gesehen, als wir bei Eataly einkaufen waren.

Über die Piazza Sempione und durch den gleichnamigen Park spazierten wir dann wieder Richtung Innenstadt. Die Anlage wurde 1890 im Stil eines englischen Landschaftsgartens gestaltet, hat Rasenflächen, künstliche Teiche und verschlungene Wege. Der eine und die andere macht hier Mittagspause, geht mit dem Enkel spazieren oder führt den Hund aus.

Der Triumphbogen war ein Projekt Napoleons, der sich 1805 in Mailand zum König von Italien krönen ließ, doch als das Bauwerk 1838 endlich fertig war, war es mit seiner Ära schon eine Zeitlang vorbei. Was tun? Statt den militärischen Triumph zu feiern wurde der Bogen zum Arco della Pace erklärt. Nun erinnert er an die Befreiung von der napoleonischen Herrschaft und an den Friedensvertrag von 1815.

Am Castello Sforzesco vorbei ging es nun in das belebte Brera-Viertel, das stark von den Studenten der Kunstakademie geprägt wird. Das „Künstlerviertel“ der 60er Jahre ist zwar gentrifiziert und bei Touristen beliebt, aber die zahlreichen jungen Menschen mit Lorbeerkränzen auf dem Kopf, die gerade ihr Examen bestanden hatten, zeigten, dass hier auch noch gelernt wird. Die abgebildeten jungen Damen waren übrigens damit einverstanden, fotografiert zu werden.

Nach einigem Hin und Her (es war immer noch Corona-Zeit!) gelang es uns, am Ticketautomaten Eintrittskarten für die Pinacoteca di Brera zu erwerben. Die Sammlung geht einmal nicht auf eine Herrscherfamilie zurück, sondern auf Napoleons Raubzug durch die lombardischen Klöster. Natürlich landete ein Gutteil der Beute im Louvre, aber Mailand bekam auch noch ein paar hochkarätige Anschauungsobjekte für seine Kunstakademie, so Andrea Mantegnas berühmte Beweinung Christi, dessen Leichnam wir in ungewöhnlicher Verzerrung von den Füßen aus sehen. Es gab auch Schaukästen mit temporären Exponaten aus dem Fundus, darunter etliche Stillleben des verehrten Giorgio Morandi.

Nach einem langen, heißen Tag stellten sich allmählich doch einige Ermüdungserscheinungen ein und wir setzten uns zum Aperitif unter die heftig diskutierenden jungen Kunststudenten. Über die Fondazione Prada wurde hier sehr abträglich gesprochen, in Worten, die wir lieber nicht zitieren. Das Bier, Ichnuza aus Sardinien, weckte die Lebensgeister und so gestärkt, konnten wir das Ristorante gegenüber unserem Hotel aufsuchen und dort – natürlich! – Ossobuco mit Risotto Milanese bestellen.

 

 

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